Freitag, 1. Oktober 2010

Arzneimittel der Woche: Clenbuterol - Gedanken zu 'positiven' Sportmeldungen


Auch unter Dopingmitteln lassen sich gewisse Trends erkennen. Im Zweifel ist immer das Mittel oder die Methode gerade "in", die sich nicht nachweisen lassen. Da ist es schon komisch, dass innerhalb von nur einer Woche gleich zwei positive Dopingproben an die Öffentlichkeit geraten, ausgerechnet mit einem Mittel aus einer längst vergangenen Zeit. Heute reden wir doch eigentlich über Blutprofile, weil sich die Methode des Eigenblutdopings nur schwerlich nachweisen lässt. Oder wir blicken in die Zukunft, die eigentlich schon längst zur Gegenwart geworden ist: Gendoping. Oder das, inzwischen nicht mehr ganz so neue, Wundermittel names S107.

Aber nein, der diesjährige Tour de France Sieger Alberto Contador wird durch Clenbuterol überführt. Clenbuterol klingt ein bisschen nach Zahnpasta. Hat aber weder mit Zahnreinigung noch mit der abenteuerlichen Erklärung von 10.000-Meter-Olympiasieger Dieter Baumann zu seiner positiven Probe zu tun. 
Contador ein Betrüger? Ein Radprofi hat gedopt? Dazu noch der Sieger der diesjährigen Tour de France? Überrascht das noch jemanden? Eher nicht. Aber ausgerechnet mit Clenbuterol? Die ZEIT fragt daher nicht zu Unrecht "Contador, dumm oder dreist?"
Im Prinzip gehört Clenbuterol zu den sogenannten Beta-2-Agonisten, die auch zur Behandlung von Asthma eingesetzt werden. Asthmatiker im Radsport? Auch nichts Neues. Fast das ganze Peloton besteht aus Asthmatikern, damit auch ganz "legal" in gewisser Dosierung Mitteln nehmen kann, die auf der Dopingliste stehen. Clenbuterol hat aber auch eine anabole Wirkung. Ja genau, Anabolika - die waren doch in den 80er Jahren überall in Mode. Kein Fitness-Studio ohne lokalen Anabolika-Händler und vielleicht auch kein Hochleistungssport ohne diese "kleine Hilfe". Wie kommt es also jetzt zu dieser Renaissance?


Wirklich bedenklich finde ich allerdings, dass der Weltradsportverband UCI schon seit Monaten von dem positiven Ergebnis weiß. Die Probe wurde im August im Institut für Biochemie an der Deutschen Sporthochschule in Köln untersucht.  Bereits am 24. August wurde Alberto Contador über die Ergebnisse der Probe informiert. Ebenso die UCI. Diese will den Fall noch mal genau überprüfen:
"Der Wert ist 400 Mal niederiger, als der, den WADA-Labore in Proben entdecken müssen",  Die UCI erklärte, der Fall verlange weitere wissenschaftliche Untersuchungen, bevor Schlussfolgerungen gezogen werden könnten. Die Untersuchungen würden ihre Zeit brauchen, eine weitere Stellungnahme werde der Weltverband bis dahin nicht geben."
Aha. Wissenschaftliche Untersuchungen also. Was wird untersucht? Wie sich Herr Contador so doof anstellen konnte? Wie er sich wohlmöglich "verdopt" hat? Klingt irgendwie ein bisschen nach Vertuschung. Will die UCI wirklich sauberen Radsport?

Die andere positive Probe lieferte in dieser Woche Tischtennis Nationalspieler Dimitri Ovtcharovs. Die B-Probe wurden inzwischen auch im biochemischen Institut der Sporthochschule geöffnet. Befund bestätigt: Auch in Ovtcharovs Urin wurde Clenbuterol gefunden. 

Eins haben beide Fälle auf jeden Fall gemeinsam. Beide Sportler zeigen sich überrascht von diesem Ergebnis. Und die Erklärung haben sie auch schon parat: Verunreinigtes Fleisch. Clenbuterol hat in der Vergangenheit auch für Negativschlagzeilen gesorgt, da es in einigen Mastbetrieben zum Einsatz kam.
Ovtcharov versucht jetzt seine Unschuld mit einer Haarprobe zu beweisen. Die Kölner Dopingexperten möchten jedenfalls nicht ausschließen, dass er Clenbuterol über die Nahrung zu sich genommen hat.

Zwischenfazit: Doping im Sport. Leider keine Überraschung mehr. Umso spannender, dass man sich inzwischen schon um die Dummheit (oder Dreistigkeit) bei der Wahl der Methode wundert. Die Reflexe bei den Ertappten sind auch immer gleich: Ungläubigkeit, Überraschung, Fassungslosigkeit. Wir bleiben dran am Thema.

UPDATE: Nebenbei hat auch ein Schweizer Bundesgericht die Dopingsperre Claudia Pechstein bestätigt. Revision abgelehnt. Die ganze Geschichte und alle Dokumente zu diesem Fall, hat der Kollege Jens Weinreich zusammengetragen.

(Bild: Hans-Peter Reichartz/ pixelio.de)

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